Wieso mir Galaxien gefallen - ein Erklärungsversuch

Mein Hobby ist die Astronomie und ja, dies scheint komisch - also reden wir darüber :-)
Wenn man über Freizeitbeschäftigungen redet und anderen offenbart, dass das eigene Hobby die Astronomie ist, wird dies oft mit einem langen "Ahh" quitiert, die Augenbrauen werden interessiert hochgezogen und schnell das Thema gewechselt. So ist es nicht erstaunlich, dass man sich mit Erklärungsversuchen zurückhält.
Genau so passiert mir dies ziemlich häufig. Mit diesem Artikel, möchte ich mir selbst und allen "Ahh-Sagern" darlegen, wieso mich weit entfernte Himmelsobjekte faszinieren.
Erstens, ich verstehe Euch. Als Kind war ich vor vielen Jahren auf einer Sternwarte und habe mir Doppel-Sterne zeigen lassen. Gut, ich sah zwei Pünktlein nahe neben einander stehen und mehr nicht. DAS war langweilig :-) Und ich stehe nach wie vor nicht auf Doppel-Sterne.
Nun zu den Gründen, wieso ich ein "Astro-Victim" bin:

1. Die Dimension
Alle Sterne, die wir von Auge am Himmel sehen, stammen aus unserer Galaxie - insgesamt gibt es in unserer Galaxis ca. 100 Milliarden Sterne. Wenn man somit mit einem Teleskop eine andere Galaxie betrachtet, sieht man auf eine ganz andere Welt! Diese gigantischen Entfernungen und Zeitdauer kann ich mir nur schwer vorstellen, wenn überhaupt. Aber ich kann es akzeptieren und darüber staunen.

2. Die Zeitreise
Betrachten wir in der Sternwarte eine Galaxie, welche 10 Millionen Lichtjahre entfernt ist, machen wir eine Zeitreise. Denn jedes Funkeln, jeder Lichtsrahl, den unsere Augen im Hier und Jetzt sehen, passiert nicht jetzt, sondern vor 10 Millionen Jahren. Da gab es noch keine Menschen auf der Erde - und trotzdem sind wir so privilegiert, dass genau wir das jetzt sehen dürfen. Dieser Gedanke lässt mich jeweils ganz philosphisch und still zurück.

3. Die Schönheit der Natur
Die Formen und Farben der Himmelsobjekte sind atemberaubend schön. Es zeichnen sich Symetrien und Strukturen ab und es lässt sich nur erahnen, wie gross die Kräfte sein müssen, die dort oben wirken. Beispielsweise wenn zwei Galaxien kollidieren. Die Farben der Emissions- und der Reflexionsnebel reichen von tieferot über giftgrün zu einem blassblau. Es gibt bestimmt mehr Farbtöne im Universum, als man Autokarosserien auf der Erde verschieden lackiern kann.

4. Wir sind ein Teil davon
Zugegeben, ich wüsste nicht, dass je einem Menschen ein Stern auf den Kopf gefallen ist. Und dennoch sind wir alle ein Teil des Universums! Wollen wir nicht alle wissen, wo wir sind und wie es "draussen" aussieht? Menschen, denen der Himmel egal ist - weil er so weit weg ist - kommen mir oft wie Leute vor, die ein Leben lang in einem Dorf leben und denen egal ist, wie es im Nachbardorf aussieht. Oder in einem anderen Land, oder auf einem anderen Kontinenten.
Die Atome, aus welchen unsere Körper bestehen, wurden erst in den weit entfernten Sternen durch Kernfusion geschaffen - und sämtlicher Wasserstoff stammt vom Urknall. Deshalb sind wir noch lange nicht Papst - aber wir sind ein Teil vom Universum! Immerhin, oder?

5. Weil es möglich ist
Ich habe keinen Universitätsabschluss und Algebra habe ich nie wirklich verstanden. Soll dich der Mathematik-Lehrer sein blödes "x" in den Gleichungen selbst suchen. Und trotzdem ist es mir möglich, ferne Welten hier von meiner Heimat aus zu finden, zu beobachten und zu fotografieren. Alles, was ich brauchte, war einen Traum und viel Ausdauer. Und jetzt sehe ich mit einem normalen Teleskop Galaxien, wo andere von Auge nur ein Stücklein leeren Himmel sehen. Also, es ist möglich und gar nicht so schwierig.

6. Weil es unmöglich ist
Es ist wie im Zoo - angucken ist erlaubt, füttern hingegen verboten. Die stellaren Objekte im Weltraum dürfen wir Menschen zwar Beobachten und Studieren, jedoch niemals besuchen. Ich will hier nicht zu tief in die physikalischen Gesetze eingehen, doch soviel sei gesagt: es wird niemals ein Mensch zu einem anderen Stern - geschweige denn zu einer andern Galaxie - reisen können, da diese zu weit weg sind. Und falls ich mich irre, soll mich jemand eines besseren belehren. Ich würde mich freuen :-) Solange dies aber nicht der Fall ist, zeigt uns der Kosmos die Schönheit und lässt uns machtlos zurück. Ein ergreifendes Gefühl!

Ich denke nicht, dass diese Auflistung so schnell ein Ende finden wird, doch die weltliche Zeit läuft mir davon. Draussen ist schönes Wetter und es gilt, das Leben zu  geniessen. Es gibt ja nicht nur die Astronomie mit weit entfernten Quasaren, Schwarzen Löchern und Neutronensterne, sondern auch feines Essen, gute Gespräche mit Freunden und Bekannten, Spaziergänge an der warmen Sonne ... Welche ein typischer G2V-Stern aus der Hauptreihe ist, deren Licht 8,4 Minuten zur Erde braucht und in ca. 8 Milliarden Jahren zu einem roten Riesen anwächst und die Erde verschlingt ... Ach ... auch wenn man dies weiss, umso mehr geniesst man den Spaziergang :-)

Bernhard Roth
Sternwarte Flumenthal
09. März 2014